Wie Achtsamkeit die neue Spiritualität des Kapitalismus wurde

Ronald E. Purser
29,00 €
  • Verlag: Mabuse
  • Umfang: 235 Seiten
  • Erscheinungsjahr: 2021
  • Bestellnummer: 202614
  • ISBN: 9783863216146
  • lieferbar

Achtsamkeit ist derzeit in aller Munde. Für viele gehört sie schon längst zum Mainstream, einige bezeichnen sie sogar als „Revolution“. Doch was, wenn Achtsamkeit gar nicht die Welt verändert? Ronald E. Purser wagt die Antithese: Achtsamkeit ist zu einer banalen Form von Spiritualität im Kapitalismus geworden – einer, die aktiv sozialen und politischen Wandel verhindert und stattdessen dem Neoliberalismus den Weg ebnet. Purser beleuchtet, wie Konzerne, Schulen, Regierungen und Militär sich Achtsamkeit als Mittel für soziale Kontrolle und Ruhigstellung angeeignet haben. Er hinterfragt das gängige Narrativ, nach dem Stress vor allem selbstgeschaffen und eigenständig lösbar sei und Achtsamkeit das Allheilmittel. Mit beißender Kritik rüttelt er an den Grundfesten, auf denen die Vermarktung der sogenannten Revolution basiert. Denn um das wahrhaft revolutionäre Potenzial von Achtsamkeit zu entdecken, müssen wir den Neoliberalismus erst überwinden.

 

Inhaltsverzeichnis

Leseprobe:

Und dennoch glauben Achtsamkeitsfanatiker:innen, dass das genauere Achten auf den aktuellen Moment bei gleichzeitigem Verzicht auf Werturteile die revolutionäre Kraft in sich trage, die gesamte Welt grundlegend zu verändern. Das ist eine ausgesprochen märchenhafte Vorstellung. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Das Praktizieren von Achtsamkeit hat lobenswerte Dimensionen. Unser Denken abzuschalten hilft dabei, Stress sowie chronische Angstzustände und viele weitere Erkrankungen zu reduzieren. Ein Bewusstsein über automatisierte Körperreaktionen kann Menschen gelassener und sogar freundlicher werden lassen. Die meisten Achtsamkeitspromoter:innen sind nette Menschen und ich zweifle nicht im Geringsten daran, dass sie das Herz am rechten Fleck haben. Ich habe viele von ihnen kennengelernt, darunter auch die Wortführer:innen innerhalb der Bewegung. Aber darum geht es nicht. Problematisch ist das verkaufte Produkt, und ebenso die Art und Weise, wie es vermarktet wird. Achtsamkeit ist nichts weiter als eine einführende Konzentrationsübung. Sie geht auf den Buddhismus zurück, ohne aber dessen ethische Konzepte zu berücksichtigen. Und auch die Zielsetzung – die Überwindung von falscher Selbstwahrnehmung bei gleichzeitiger Ausübung von Mitgefühl gegenüber allen anderen Lebewesen – ist verworfen worden. Übrig bleibt ein Werkzeug der Selbstdisziplin, welches als Selbsthilfe ausgegeben wird.

 

Ronald E. Purser
Ronald E. Purser ist Professor für Management an der San Francisco State University und ordinierter buddhistischer Lehrer. Er ist mitverantwortlich für den Podcast „Mindful Cranks“ und regelmäßiger Gast in Talkshows und Podcasts. Mit seiner Familie lebt er in San Francisco, Kalifornien.
www.ronpurser.com
 
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